v.l.n.r.: Randi Kittlitz und Jovanka Backhus lernten sich im zweiten Semester an der Universität Hamburg kennen
Die Jondi&Moon-Zahncreme Menthol ist die erste nachfüllbare Zahnpasta. Das angebotene 3er-Set besteht aus der Zahncreme in den beiden Braungläsern (30ml und 250ml) und einem 250ml Nachfüllbeutel

Jondi & Moon: Nachhaltige Müllreduktion als Geschäftsidee

Jovanka Backhus und Randi Kittlitz haben Sozialökonomie mit dem Schwerpunkt Betriebswirtschaftslehre und Finanzen an der Universität Hamburg studiert. Die Interdisziplinarität des Studiengangs vermittelte ihnen, dass profitorientiertes Wirtschaften auch umweltfreundlich, sozial und fair funktionieren kann. Das hat sie zu einer Gründung inspiriert, die dem Klimawandel entgegenwirken soll: beyourpilot stand hierbei hilfreich zur Seite.

 

Die beiden Studentinnen lernten sich im zweiten Semester an der Universität Hamburg kennen: Jovanka Backhus und Randi Kittlitz studieren dort gemeinsam Sozialökonomie mit dem Schwerpunkt Betriebswirtschaftslehre und Finanzen. „Im Rahmen des Seminars ,Building a Startup‘ mussten wir dann in Gruppenarbeit einen Business-Plan erarbeiten. Für uns sollte die Idee schon realistisch sein: Wir achten privat auf Nachhaltigkeit, ernähren uns vegan/vegetarisch und sind auch sonst bewusst unterwegs. Aus dieser Motivation heraus wollten wir einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit in der Gesellschaft leisten und sind schließlich auf Verpackungen gekommen. Also haben wir uns in der Wohnung umgeschaut, wo diese problematisch oder umständlich sind: So sind wir auf Zahnpasta gekommen“, berichtet Jovanka. Gerade bei Zahnpasta haben die gebürtigen Hamburgerinnen großes Potenzial gesehen, denn das regelmäßige Nachkaufen der oft nicht recycelbaren Tuben führt zu extrem viel Verpackungsmüll. Eine Problematik, welche die beiden Gründerinnen angehen wollen.

Ergänzende Expertise hinsichtlich der Geschäftsidee

„Wir sind weder aus der Verpackungsbranche noch aus dem pharmazeutischen oder kosmetischen Bereich, aber wir sind aufmerksame Konsumentinnen. Die Expertise, die uns fehlte, haben wir uns zusammengesucht“, erklärt Randi. Das erste Produkt ihres jungen Unternehmens „Jondi & Moon“ soll nachfüllbare Zahnpasta im Glasspender sein. In einer Facebookgruppe der Uni Hamburg fanden die Gründerinnen einen Pharmaziestudenten mit abgeschlossener Ausbildung zum Pharmazeutisch-Technischen Assistenten. Im Fachbereich Chemie der Universität Hamburg wurde dann eine erste passende Rezeptur entwickelt. Der Dozent des Seminars Sven Niederhöfer fand ihre Idee toll und hat sie entsprechend unterstützt. Die Gründung würde dadurch immer ernster und konkreter.

Solider Support hinsichtlich der Geschäftsentwicklung

Die erste große Hürde war für das Startup die Förderung: „Durch unser Studium hatten wir bereits ein betriebswirtschaftliches Fundament. Die Gründungsabteilung der Uni Hamburg sowie die beyourpilot-Gründungsberaterin Dr. Bettina Otto hat uns weiteres notwendiges Know-how hinsichtlich der Gründung vermittelt. Gemeinsam mit ihr haben wir uns erfolgreich für das Gründungsstipendium-EXIST beworben. Ohne diese finanzielle Förderung hätten wir nicht gründen können. Zudem sind Stück für Stück mehr Kontakte innerhalb der Gründungsszene entstanden“, erzählt Randi weiter. Bei der Bewerbung um das EXIST-Gründerstipendium, ein durch den Europäischen Sozialfonds (ESF) kofinanziertes Förderprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, setzen sich die beiden mit ihrer Idee gegen zahlreiche andere Startup-Ideen durch.

Diverse Herausforderungen bei der Gründung

Aber es funktionierte nicht immer gleich alles auf Anhieb: Insbesondere die Anfangszeit war stressig: „Von der Entwicklung der Zahnpasta mit einem Experten bis hin zum Glas-Design oder guten Marketing-Strategien: Hier und da trafen wir immer wieder auf neue Herausforderungen, die gemeistert werden wollten. Und nebenbei lief unser Studium natürlich auch weiter und wollte die entsprechende Aufmerksamkeit“, erklärt Jovanka.

Nicht einfach war es, sich auf fremde Expertise zu verlassen: „Ständig haben wir uns gefragt, ob alles stimmt. Oder spiegeln sich darin auch Eigeninteressen wider und die wollen uns nur etwas verkaufen. Was ist denn nun das Nachhaltigste? Wir mussten viel recherchieren und gegenprüfen, da wir uns nicht über den Tisch ziehen lassen wollten“ berichtet Randi. „Die Verpackungsbranche ist zudem häufig recht konservativ und männerdominiert. Und oft gab es einen gravierenden Altersunterschied. Es war eine Herausforderung, sich in den Gesprächen zu behaupten. Wir beide waren bisher Angestellte und mussten nun als junge Cheffinnen verhandeln. Das waren wir nicht gewohnt. Nicht jeder wollte das Beste für uns und wir mussten dagegenhalten. Deshalb war die über EXIST bezogene Schulung goldwert, in der wir in Auftreten, Verhandlung und Teambuilding geschult wurden“, ergänzt Jovanka.

Auf die harte Tour gelernt

Auf die Frage, was man heute beispielsweise anders gemacht hätte, berichtet Randi: „Wir haben anfangs mit einem Produktdesigner aus unserem Freundeskreis zusammengearbeitet. Aufgrund der Freundschaft haben wir leider einen zu großen Vertrauensvorschuss in Bezug auf die Vertragsunterzeichnung gegeben. Das ist richtig eskaliert und hat uns viel Geld sowie Nerven gekostet. Learning: Vor dem ersten Arbeitsschritt muss unterschrieben sein! Sichert euch rechtlich ab, egal um wen es geht!“ Bei den gemachten Fehlern hatten Randi und Jovanka oft einfach das Wissen noch nicht und konnten dies nur begrenzt im Vorwege herausfinden. Zudem hätten sie gerne mehr zeitlichen Puffer eingeplant, um in weniger Stress zu geraten. Hinsichtlich der Entwicklung raten sie, die Anfangsidee irgendwann auch mal loszulassen, um diese eben weiterzuentwickeln. Es sei hier auch okay, mal Abstriche zu machen, um weiterzukommen. „Und ganz allgemein formuliert: am Anfang haben wir aufgrund unserer Empathie noch recht viel persönlich genommen. Das hat sich mit der Zeit jedoch relativiert, da wir dazugelernt haben und viele Dinge inzwischen gelassener sehen“, so Randi.

Konsumierende von einem nachhaltigen Produkt überzeugen

„Ich habe sieben Jahre bei H&M gearbeitet. Dabei kam damals schon der Gedanke auf, große Konzerne von mehr Nachhaltigkeit überzeugen zu wollen. Das Thema ist zudem heutzutage an der Universität Hamburg sehr präsent. Je mehr man darüber erfährt, je penibler wird man. Selbst wir, die wir uns als recht aufgeklärt diesbezüglich halten, waren überrascht, wie viel wir noch falsch machen, beziehungsweise verbessern können. Das Ziel von Jondi & Moon ist es, Konsumierende von einem nachhaltigen Produkt zu überzeugen, die bislang noch skeptisch sind. Von Einweg-Rasierern über Tampons bis hin zu Shampoo-Flaschen aus Plastik: Der Kosmetik-Bereich ist beispielsweise voll von diversen Umweltsündern. Aber es gibt mittlerweile immerhin umweltfreundliches Shampoo am Stück im Drogerie-Regal. Bei den Zahnpasta-Tuben sieht es da hingegen anders aus. Die Bereitschaft für einen nachhaltigeren Konsum ist jedoch bei einem Großteil der Verbraucher bereits vorhanden, allerdings bietet der Markt noch großen Raum für plastikeinsparende Produkte, die zum einen in allen Aspekten attraktiv für Konsumierende sind und zum anderen eine vollkommen transparente Lieferkette gewährleisten“, stellt Jovanka fest.

,Zero Waste‘ als Fernziel

„Wir sind beide in einem umweltbewussten wie auch bescheidenem Haushalt großgeworden. Also eher Arbeiter- als Überflusshaushalt. Das hat uns die Richtung vorgegeben und erdet uns stets, beziehungsweise hält uns auf dem Boden – ein wichtiger Aspekt in der wilden Startup-Branche“, erklärt Randi. Die kurzfristige Vision der beiden Gründerinnen ist es, ihr Produkt zu verbessern. Die Glasbehälter sollen später durch Mehrweggläser ersetzt werden. Zudem wird ein Beutel aus reinem Neumaterial verwendet, dieser soll in Zukunft durch recyceltes Material ersetzt werden. Darüber hinaus will sich Jondi & Moon in diversen Branchen wie beispielsweise der Hotellerie etablieren: „Am liebsten würden wir diese ganzen kleinen Pröbchen ersetzen! Vom Hotel bis hin zum Flugzeug: Wir sind der Auffassung, dass dort viel unnötiger Müll produziert wird. Deshalb wollen wir hierzu mögliche Alternativen aufzeigen und möglichst den Markt diesbezüglich verändern. Das Fernziel muss ,Zero Waste‘ sein“, so Randi. Zero Waste heißt übersetzt: Null Müll. Das bedeutet, dass man versucht, so wenig Müll wie möglich zu produzieren und alles zu recyceln, was recycelbar ist. Es geht dabei um die Reduzierung von Müll im eigenen Haushalt, im Büro, unterwegs, aber auch landesweit.

Die breite Masse von der Nachhaltigkeit überzeugen

Ihren Produkt-Launch hatten die Gründerinnen am ersten Dezember 2021. Corona hat auch ihr Geschäft beeinträchtigt: Es gab Lieferengpässe hinsichtlich des Materials. Außerdem hatte die Zahnpasta in Produktion andere Eigenschaften als beim Muster. Die Produktion verzögerte sich dadurch, aber sie sind mit dem finalen Produkt zufrieden. Hinsichtlich des Vertriebs sind die beiden optimistisch: „Wir sind bisher in vier Läden vertreten (Mimulus Naturkosmetik, Quiddje Design, Claudia May Concept Store und online bei Gaiastore). Unser Ziel ist es, die breite Masse zu erreichen: Es soll einfach sein, nachhaltig zu leben! Wir hoffen natürlich, dass ganz viele auf unsere Produkte umsteigen und wir so die Menge an Plastikabfall reduzieren können. Langfristig soll die Zahncreme aus dem Glas dann auch bei großen Anbietern wie beispielsweise Drogerieketten zu finden sein“, zeigt sich Jovanka zuversichtlich.

 

Weitere Informationen über das Startup Jondi & Moon finden sich auf der Homepage des Unternehmens.

Die Produkte von Jondi & Moon gibt es im eigenen Onlineshop zu kaufen.